2019 KIA Ceed

2018 Andreas Riedmann & Drive-My

Kompakt, komplett, kompetent: Im Schallschatten des Getöses um kompakte SUVs hat sich die ganze klassische Kompaktklasse erneuert, der Kia Ceed ganz besonders.


In der Mitte spielt die Musik


2019 KIA Ceed

 

2019 KIA Ceed


Auch wenn die gehobenen Kompaktwagen noch immer als beliebtestes Marktsegment gesehen werden können – der Golf bestätigt dies Monat für Monat –, ist es ein bisschen still geworden um sie. Alles wurde überdeckt vom Getöse um die schwammerl artig aus dem Boden schießenden Geländewagen-Look-alike-Klein-SUVs. Anhand des Kia Ceed kehren wir nun wieder zurück auf den Boden der beruhigenden autofahrerischen Normalität.

Gerade hat Ford seinen Focus in Neuauflage präsentiert (erste Testfahrt: siehe Seite 30), jetzt kommt der Kia Ceed in seiner dritten Evolutionsstufe seit Modelleinführung 2007. Aber wer nun erwartet, dass alle Überlegungen dazu womöglich zu sehr der Vernunft verpflichtet sein könnten, irrt. Doch der Reihe nach. Als allerersten Akt der Freundlichkeit hat uns Kia nun offiziell von der Suche nach dem Apostroph befreit und damit auch von der ständigen Frage, wo es denn überhaupt hingehöre.

Cee’d schreibt man jetzt einfach Ceed. Das klingt gut, und alles dahinter interessiert uns ohnehin nur insofern, als der sehr europäische Charakter des Ceed von Anfang an kein Zufall war, sondern Folge konsequenten Handelns der Koreaner.


2019 KIA Ceed

 

Tanz den Ceed! Wie sonst sollte man zum Ausdruck bringen, dass an diesem Auto alles dran und alles drin ist. Das Glasdach lässt sich nach hinten schieben und ist beim Topmodell neben Sonderlacken das einzige mögliche Aufpreisextra.


Entwickelt im Forschungs- und Design-Center Rüsselsheim, gebaut im slowakischen Werk Žilina. Die Proportionen sind geblieben, man hat sie aber behutsam in sportlichere Richtung gedrückt: breiter, flacher, A-Säule ein wenig nach hinten, C-Säule massiver. Die Kopffreiheit hinten ist geblieben, indem man die Sitzbank ein wenig tieferlegte.

Das dient nicht unbedingt dem Langstrecken-Sitzkomfort im Fond, aber wir kennen ja ohnehin die Statistik von den Besetzungsgraden. So lautet die Kernbotschaft: alles ein wenig verdichtet, ohne irgendwo unangenehm Druck aufkommen zu lassen. Kurz gesagt: Man kann die Talente des Ceed hin- und herschieben, ein echter Schwachpunkt ist einfach nicht zu finden, ein Meister der Balance über alle Diagonalen der Betrachtung hinweg.


2019 KIA Ceed interior

 

Keine Irritationen. Kia setzt weitgehend auf  gewohnte Funktionsmuster. Man freut sich, von Pseudoinnovationen verschont zu werden.


Der Grundcharakter der Ausgewogenheit wird in dieser Fahrzeugkategorie ja vorausgesetzt, Kia hat das noch einmal in allen klitzekleinen Details verfolgt. Überhaupt ist zu beobachten, dass der Wettlauf, der scheinbar auf anderen Schauplätzen stattfindet, sehr positiv auf die klassischen Kompakten zurückwirkt.

So ist auch der Ceed inhaltlich gewachsen, doch es herrscht höchste Disziplin, was Neuerungen betrifft, die nicht unbedingt auch ein Fortschritt sind. Frei von nervigen Verspieltheiten: Logik an den Tasten am Lenkrad, gut durchschaubare Funktionen am großen Display in Armaturenbrettmitte.


2019 KIA Ceed

 

Mach Platz! Kopffreiheit durch tiefe Sitzposition hinten. Harmonie im Antrieb dank Doppelkupplungsautomatik. Exzellente Sitze vorne, im Topmodell mit elektrischer Lendenwirbelstütze. Klassenspitze Verarbeitung, siehe Griffbogen an der Fahrertüre. Rechts oben: plausible Lenkradfunktionen


Natürlich ist es auch eine Frage des Ausstattungsniveaus, aber gerade die besser gerüsteten Autos stellen uns oft vor die größeren Rätsel. Hier befinden wir uns auf Niveau Platin, also alles dran, alles drin mit kürzestmöglicher Aufpreisliste, auch die exzellenten Sitze samt elektrisch verstellbarer Lenden wirbelstütze sind nicht noch extra zu bezahlen. Trotzdem oder gerade deshalb: wohlfühlen im Schoße der vielen Möglichkeiten.

Man wähnt sich richtig ernst genommen als potenzieller Kunde und nicht eingewickelt in nutzloses Glitzerpapier. Bei Kia hatte man früher oft das Gefühl, dass eh alles ganz in Ordnung ist, aber so manches dann doch ein bisschen besser möglich wäre. Heute sitzen wir in einem hochoptimierten Auto, das Freude macht. Die Fahrdynamik ist erquicklich, die Übergänge zwischen den Fahrzuständen verlaufen harmonisch, die Assistenzeinrichtungen drängen sich nicht auf, das Auto piepst erstaunlich wenig.

Und der wohlabgestimmte Antrieb, bestehend aus Benzinmotor und Doppelkupplungsautomatik, spricht auch noch tieferliegende Regungen in uns an. Der Sound macht dich in der Garage erkennbar, um nicht zu sagen: unverkennbar, und bleibt trotzdem weit davon entfernt, allgemeinen Unmut auszulösen. Die richtige Tonlage zu treffen, darauf kommt es eben an, auf allen Ebenen. Die Gegner sind stark: Ford Focus, VW Golf, nicht zu vergessen, auch der Opel Astra lebt noch.

Alle haben mächtig was drauf. Bei aller Höflichkeit den Premiums gegen über: Auch Audi, BMW, und Mercedes dürfen sich in diesem Spannungsfeld nicht allzu sicher fühlen. Die A-Klasse als mögliche Benchmark für die Entwickler schimmert durch, auch wenn sie in ähnlicher Ausstattung deutlich teurer kommt. In diesem Zusammenhang: Wir freuen uns schon auf den für den Herbst angekündigten Shooting Brake als coupéhafte Ergänzung zur Kombivariante.

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