2019 Alpine A110 Test Neu In Der Autorevue-Garage

2018  Andreas Riedmann & Drive-My

Das überlandfahren ist ein grosses glück, es soll gar nicht mehr aufhören. Die alpine besteht dabei nicht darauf, auf der letzten rille gefahren zu werden, auch wenn sie es selbstverständlich kann.


Le roi  c’est moi.


2019 Alpine A110

 

2019 Alpine A110


Was man auf den schönen Fotos hier sehen kann, ist eine Alpine. Muss man dazusagen, weil auf der Straße viele nach dem Namen fragen, denen die Form gefällt, die sich aber sonst nicht groß für Autos interessieren. Sicherheitshalber hat Alpine aber eh Alpine innen und außen aufs Auto draufgeschrieben, insgesamt 37 Mal, wenn’s stimmt. Anfangs waren es 23 Logos, Schriftzüge, Stickereien und Fräsarbeiten, aber bei jeder Runde Zählen sind neue dazugekommen.

Dreimal haben sie außerdem die Tricolore mitgenommen. (Immerhin diese Zahl stimmt einigermaßen sicher.) Dass es eine Alpine ist, hat zwei Auswirkungen: Die einen erinnern sich an die Historie und werden warm im Schritt, die anderen sagen: Oh, schöner Sportwagen. Und dieses Blau! Eigentlich ist das Retro-Thema seit Fiat 500 und VW Beetle ja gründlichst durch, und von diversen Maxi-Variationen des Mini wollen wir gar nicht erst reden.

Genau das hat Renault mit der Alpine vermieden. Die A110 funktioniert völlig für sich als eigenständiger, großer – weil kleiner – Wurf, der, wenn man will, die Vergangenheit zitiert, sie aber gern rechts, links, oben oder unten überholt, wann auch immer sich die Gelegenheit dazu ergibt. Nehmen wir den Innenraum. Hier war die Gefahr am größten, sich in Retro-Spielereien zu ergehen und romantisch einen auf 1960er zu machen.

Stattdessen: Volldigitales Cockpit, klar und kommunikativ, sogar hübsch, wenn man mit Digitalinstrumenten aufgewachsen ist. Schaltet man zwischen den einzelnen Fahrmodi (Normal, Sport, Track) rum, ändert sich auch die Anzeige. Hier tut sich was, hier kommuniziert die Gegenwart. Immer fesch, immer kompetent, immer anders. Ein Kapitel für sich ist das mittige Alpine- Feld im zentralen Touchscreen.


SHORTCUT
Was wir mögen
Sehr sehr viel. Ein König derHerzen, ein Auto, das den Fahrerin den Mittelpunkt rückt, ohne ihnzu kasteien. Ein Glücksfall verwixten Verbrennertums anno 2018.

Was uns überraschtDas Platzangebot im Innenraum.Selbst Piloten mit 1,90 Meternbrauchen die hinterste Raste derSitzverstellung nicht.

Was uns fehlt
Bis auf nennenswerten FME mpfangnichts.

Perfekt, wenn … man Geschmack hat.

Die Gegner

Der Bogen knackiger Zweisitzer spannt sich von Mazda MX-5 RF am unteren bis zum Porsche Cayman am oberen Ende. Honorary Mentions: Alfa C4, Audi TT und der künftige BMW Z4.


2019 Alpine A110 interior

2019 Alpine A110 interior


Da geht es strikt um Performance. 0 auf 50 km/h (2,06 Sekunden), 0 auf 100 km/h (4,89 Sekunden), Quartermile je nach Untergrund einen Hauch unter 13 Sekunden, 100 auf 0 (2,38  Sekunden), aber auch Temperaturen an diversen interessanten Stellen von Motor und Antriebsstrang oder Live-Übertragung der aktuellen Leistungsabgabe.

Total nett und freundlich in seiner Transparenz, aber dort, wo es interessant wäre (auf der Rennstrecke), hast du eher nicht die Zeit, zu schauen, und beim Cruisen sind die Werte unspektakulärer. Egal  – jedes Handy schleppt Apps mit sich rum, die man seit der Erfindung des Telefons durch Antonio Meucci im Jahr 1860 nicht mehr verwendet hat (oder zumindest seit seiner Patentierung durch Herrn Bell ein Jahrzehnt später).

Das ist das Gute an der Gegenwart: Mehr muss nicht zwangsläufig mehr Gewicht bedeuten. Wesen der Alpine, ihr Alleinstellungsmerkmal und das, was sie so begehrenswert macht, ist ihr Leergewicht: 1103 Kilo.


2019 Alpine A110

 

Steppen in Dieppe. Der Innenraum mit seiner Verarbeitung ist besonders und nimmt sich doch nicht wichtiger als den Fahrer. Ergonomie: super. Menüführung: verspielt, Renault-Erfahrung hilft. Gebaut wird die A110 wie schon ihre Vorgängerinnen in Dieppe in der Normandie. Trotz komplett modernisierter Fabrik lassen sich die Bestellungen nur schleppend abarbeiten, was eigentlich alles sagt.


Ein Porsche Cayman ist je nach Ausstattung um rund 250 Kilo schwerer und braucht 100 PS mehr für vergleichbare Fahrleistungen – und da reden wir noch nicht von der Leichtigkeit, mit der sich die Alpine in Kurven fleckt. Der Clou dabei ist, dass der Leichtbau mit Verstand betrieben wird, nicht mit der Radikalität und Arroganz von Kleinserienherstellern, die gern einmal Zeug rausreißen und dem Fahrer dann die Wahl lassen: Fressen oder heimgehen. Hier hingegen: Feine Sabelt-Schalensitze auf frei stehenden Konsolen, die du nach dem Kauf mit Werkzeug in der Höhe einstellst, und dann passt’s. Fuchs-Schmiedefelgen. (Ja, Porsche-Dudes: Das Ding hat Füchse!) Alu-Karosserie.

Heb die Klappe des Briefkastens (Euphemisten sprechen vom hinteren Kofferraum), spür, wie das so was von nix wiegt, und du hast das Auto verstanden. Vorn passen zwei (flache!) Handgepäck-Trolleys rein, aber nicht so krawallig mit Schwung wie in die Überkopf-Stauräume der Trottelflieger dieser Welt, sondern sanft. Es geht um Millimeter, und du willst ja die Alu-Haube nicht von innen verdellen.

Hinten füllst du die Socken einzeln ein. Der restliche Krempel bleibt daheim. Mit 4,18 Metern ist die Alpine um 12 cm länger als ein Clio. Zu zweit hat das für alle genussvollen Straßen-Urlaube zu reichen, denn der Langstreckenkomfort ist mehr als ausreichend. Platz, Geräusche und Fahrwerkshärte geben keinen Anlass zum Jammern.


2019 Alpine A110

 

Höhe 1,25 Meter. Bei SUVs beginnt hier die Schulterlinie. Daher sehen ihre Fahrer von da oben auch nicht in die Alpine rein. Geschieht ihnen recht!


Worüber aber zu jammern ist, ist der Radio-Empfang. Ein Missstand, den wir in den letzten Jahren leider zunehmend häufiger beobachten, findet hier einen traurigen Tiefpunkt. Der uralte Plastik-Bediensatellit ist dann auch schon egal. Sorry, aber man kann nicht davon ausgehen, dass Smartphone- Schnittstellen einen rausch- und verlustfreien Ö1-Empfang zwischen Wien und Graz ersetzen, weil die Menschen eh nur noch Zeugs von der Speicherkarte hören.

Denn auch dafür muss man dankbar sein: Man kann die Alpine ansonsten ganz normal im Alltag nutzen und damit im Stau stehen oder auf der Autobahn dahinnudeln, ohne dass es anstrengend wäre. Na gut, den Tempomat haben wir nie ausprobiert, aber Einparken in enge Lücken geht beispielsweise easy, wie auch sämtliche Bedienkräfte auf der entspannten Seite sind. Schärft man für die schöne Landstraße nach, zeigt sich der andere, der eigentliche Wesenskern der Alpine.

Im Sport-Modus spürt man den Auspuff durch die Bodenplatte furzen, wenn man vom Gas geht – den Auspuff und nicht irgendwelche Lautsprecher –, und sie lenkt so leichtfüßig und süchtig machend ein, wie es nur Mittelmotor-Autos können. Im Gegensatz zur Ur-Alpine und den späteren Modellen A310 und A610 sitzt der Motor übrigens vor der Hinterachse, und man sieht ihn nicht (außer man öffnet die Heckscheibe, indem man vom Kofferraum aus drei Schrauben öffnet). Gewichtsverteilung: 44 Prozent vorn, 56 hinten.

Der Motor fühlt sich mit seiner ausgeprägten Turbo-Charakteristik erwachsener an, als es ein 1800er eigentlich tun sollte, und das Doppelkupplungsgetriebe, sieben Gänge, schießt einen nach dem anderen rein, dass du keine Lust hast, mit den (fix an der Lenksäule montierten) Schaltpaddles selbst zu rühren, selbst wenn Porsches PDK vielleicht noch ein wenig schneller erahnt, was als Nächstes kommt, Rauf- oder Runterschalten, aber das sind Nuancen.

Das Überlandfahren ist ein großes Glück, es soll gar nicht mehr aufhören. Die Alpine besteht dabei nicht darauf, auf der letzten Rille gefahren zu werden, auch wenn sie es selbstverständlich kann. Zügig reicht. Es ist mehr so wie Cabriofahren mit Dach und hat dabei den Vorteil, dass der drinnen sich nicht exponieren muss, wenn er wieder mal gefilmt, fotografiert oder mit Daumen hoch begrüßt wird, weil Wildfremde wissen wollen, in wessen Adern da blitzblaues Blut fließt.

Das wird sich schon noch legen, aber im Moment ist die Alpine der automobile Kopfverdreher schlechthin – und bereits so was Ähnliches wie ein Spekulationsobjekt. Unsere Alpine stammt aus der Erstserie, genannt Première Edition, Nummer 1852 von 1955, die nach nur fünf Tagen ab Vor- order-Möglichkeit ausverkauft war.

Aktuell kann man sich zwischen einer reduzierten Pure- und einer mehr komfortorientierten Legende-Variante entscheiden, wobei sich Möglichkeiten bieten, den Charakter durch Extras in die eine oder andere Richtung anzugleichen. Wer heute bestellt, bekommt seine Alpine mit Glück noch vor Sommer- ende geliefert – 2019.


DATEN Alpine A110

Preis € 62.600,– (Premiére Edition, Légende), € 58.700,– (Pure)
Steuer jährlich € 1.297,44
Motor, Antrieb Vierzylinder DITurbobenziner in Heck-Mittelmotor-Layout (1798 ccm), 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe.Heckantrieb.
Leistung/Drehmoment 185 kW (252 PS)/6000 U/min, 230 Nm/ 2000–5000 U/min.
Fahrleistungen 0–100 km/h in 4,5 sec, Spitze 250 km/h (abgeregelt), Normverbrauch/CO2 8,2/5,9/ 6,1 l/100 km/138 g/km
Dimensionen 2 Sitze, L/B/H 4180/ 1798/1252 mm, Tank 45l, Kofferraum 96 l vorn, 100 l hinten, Räder 205/40 R18 vo., 235/40 R 18 hi.
Gewicht Leergewicht 1103 kg, Zuladung 262 l.
Ausstattung (Légende): 6-Weg- Ledersitze, Focal-Audiosystem, Navi mit 7”-Touchscreen, Telemetrie, Smartphone-Integration, LED, Einparkhilfe mit Kamera etc.
Extras z. B. 18”-Alufelgen, Kofferraumnetz, GoPro-Halterung etc.

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