1970 Matra M 530 LX VS 1970 Simca 1200 S

2018 Achim Hartmann & Drive-My

Vor rund 50 Jahren reichten noch 75 oder 85 PS dazu aus, um ein sportliches Coupé auf rund 180 km/h zu beschleunigen. Zwei dieser kompakten Tiefflieger kamen aus Frankreich: Matra M 530 mit Mittelmotor und Simca 1200 S mit Heckmotor. Ready for take-off?


France


Matra M 530 Lx Und Simca 1200 S

 

Matra M 530 Lx Und Simca 1200 S


Wer 1970 zum freundlichen Simca-Händler ging, um dort ein kompaktes Sportcoupé zu kaufen, konnte zwischen zwei völlig gegensätzlichen Modellen auswählen: Matra M 530 LX oder Simca 1200 S. Die gemeinsamen Merkmale sind vier Räder, Lenkrad und ein wassergekühlter Vierzylinder mit 75 beziehungsweise 85 PS. Das war’s auch schon. Ansonsten unterscheiden sie sich wie ein spätes abstraktes Picasso-Gemälde von einem frühen realistischen Monet.

Beim 1967 vorgestellten Matra scheinen Front und Heck nicht so richtig zusammenzupassen – als wäre das Mittelmotor-Coupé aus zwei Teilen zusammengesetzt, die jederzeit auseinanderbrechen könnten. Auch das wie abgeschnitten wirkende Heck und der ovale, fischartige Lufteinlass zwischen den Klappscheinwerfern machen es einem schwer, den Wagen als hübsch zu bezeichnen. Sagen wir einfach, er ist anders, einzigartig und unverwechselbar.

Er ist die Wiedergeburt des Citroën DS als kleines Coupé und damit ein typischer Franzose. Ganz das Gegenteil der smarte Simca: Die Grundform seiner Karosserie stammt aus dem Jahr 1962, damals gehörte sie noch dem Simca 1000 Coupé ohne Frontgrill und mit bescheidenen 40 PS. Dieses kleine Heckmotor-Coupé ist einfach zum Knuddeln schön. Auch die riesigen Zusatzscheinwerfer im schwarzen Kühlergrill des facegelifteten 1200 S und die nachgerüsteten modernen Niederquerschnittsreifen stören nicht die von Bertone stammende Linienführung.


1970 Matra M 530 LX Baujahr

 

Eckdaten: V4-Motor, ohv, 1699 cm3,  75 PS, 840 kg, 175 km/h, 1967 bis 1973 Preis: 16 000 Euro (guter Zustand)  Charakter: Komfortabler Mittelmotorsportler mit Targa-Dach und markantem Design. Durchzugsstarker V4-Motor von Ford


Das Fastback-Coupé gefällt vor allem durch seine ausgewogenen Proportionen und den großzügig angebrachten Chromzierrat. Es zeigt einige stilistische Gemein samkeiten mit zwei weiteren BertoneSchöpfungen aus jener Zeit: dem NSU Sport Prinz und dem großen BMW 3200 CS Coupé. Wie auch diese beiden etwas älteren Modelle war der Simca 1200 S nicht gerade ein Sonderangebot, er kostete 9990 Mark. Zum Vergleich: Ein deutlich größerer Ford Capri 2000 GT mit 90 PS starkem V6-Motor war 1969 schon für 8600 Mark zu haben.

Noch tiefer in die Tasche musste der Käufer des Matra greifen: Satte 12 490 Mark hatte er zu zahlen. Doch dafür bekam er auch einiges geboten. So kann man nach der Entnahme von zwei Dachhälften den M 530 in ein Bügel-Cabrio verwandeln. Die Dachsegmente passen zentimetergenau in den vorderen Kofferraum, sodass die hintere Sitzbank zumindest von zwei Kindern weiter genutzt werden kann. Denn das ist der eigentliche Clou des Sonderlings: Trotz Mittelmotor bietet die Rückbank zumindest auf kurzen Strecken zwei Personen etwas Platz. Möglich war dies durch den Einbau des extrem kurz bauenden V4-Motors von Ford.

Formel-1-Weltmeister im Matra Damit hatte ein damaliger Matra-Käufer eine Gemeinsamkeit mit der schottischen Formel- 1-Legende Jackie Stewart: Dieser war auch in einem etwas anderen Matra mit Ford-Motor unterwegs und gewann damit 1969 die Formel-1-Weltmeisterschaft. Das Sport-Engagement der heute fast vergessenen Automobilmarke gipfelte in drei Le-Mans-Siegen von 1972 bis 1974. Der offene Rennsport-Prototyp MS 670 ging sogar mit einem selbst entwickelten V12-Motor an den Start. Primär war Matra (Mécanique Avion Traction) ein Flugzeug- und Rüstungskonzern, der 1964 durch die Übernahme von Automobiles René Bonnet ins Kfz-Geschäft einstieg. 


Matra M 530 Lx Und Simca 1200 S

 

Nur Fliegen ist schöner. Wir danken dem Rieser Flugsportverein Nördlingen e. V. für die freundliche Unterstützung


Die Liaison mit Simca war zunächst eine eher lockere Sache: Matra gab den Vertrieb an die Traditionsmarke ab, die inzwischen zum Chrysler-Imperium gehörte. So kam es, dass man den Matra und den Simca beim gleichen Händler bestellen konnte. Allerdings passte jetzt der Ford-Motor nicht mehr in den Markenverbund, sodass die Nachfolgemodelle des M 530, die konventioneller gestylten Bagheera und Murena, mit Simca-Technik auf die Straße rollten.

Doch jetzt wollen wir endlich mal checken, wie sich der Mittelmotorflitzer mit dem braven Limousinenmotor überhaupt fährt. Ein großzügig bemessener Türausschnitt erleichtert das Hinabsteigen in den nur 1,2 Meter flachen Matra. Dank des hohen Dachaufbaus und der üppigen Verglasung entsteht auch bei geschlossenem Dach kein Gefühl von Enge. Und das niedrig angeordnete Armaturenbrett mit dem aufgesetzten Instrumentenkasten ermöglicht eine gute Sicht auf die Straße und sogar auf einen Teil der Fronthaube.

Sechs klassische Veglia-Rundinstrumente, darunter ein riskanter Drehzahlmesser ohne roten Bereich, lassen das Herz des Matra-Fahrers höherschlagen. Und natürlich der einzigartige laut pochende Auspuffsound, eine Mischung aus Harley-Davidson und VW Käfer, der das leichte Heulen der V4-Maschine übertönt. Motor und Getriebe stammen aus dem Ford 15 M RS, der ebenfalls eine Mittelschaltung besitzt. Sie lässt sich auch im Matra leicht und präzise schalten.


1970 Simca 1200 S

 

Eckdaten: Vierzylindermotor, ohv, 1204 cm3,  85 PS, 890 kg, 182 km/h, 1967 bis 1971 Preis: 20 000 Euro (guter Zustand)  Charakter: Grandiose Bertone-Karosserie, giftiger Motor, sehr gute Fahrleistungen. Kompaktes Sportcoupé für Kenner


Für einen Sportwagen ganz untypisch rollt der Matra problemlos im ersten Gang bereits mit Standgas los – ohne Schütteln oder Ruckeln, und nimmt auch spontan Fahrt auf, wenn man den rechten Fuß nach unten drückt. Dann wird aus dem ungeduldigen „Pog-Pog-Pog-Pog“ ein richtig fettes Auspuffbollern. Die aus dem Drehzahlkeller produzierten 75 PS schieben das 840 Kilogramm leichte Sportcoupé mit Nachdruck an.

Bereits bei 70 km/h kann man in den Vierten schalten und recht zügig bis zum Maximum von 175 km/h hochbeschleunigen. Einen kuriosen Kontrast bilden die direkte Lenkung und das vergleichsweise weich und komfortabel abgestimmte Fahrwerk. In schnell gefahrenen Kurven geht der Matra daher deutlich spürbar in die Knie, bleibt aber sicher und spurtreu auf der Straße.


FAZIT

Ein Sportwagen mit nur 75 oder 85 PS – ist doch lächerlich. Falsch! Beide Leicht- gewichte aus Frank- reich überzeugen auch heute mit ihren guten Fahrleistungen sowie mit ihrer sportlichen Optik und Ausstattung. Sie gehören nicht nur einer ausge- storbenen Spezies an, sie stammen auch noch von zwei nicht mehr aktiven Marken. Das sind die wahren KlassikerSchätze. Franz-Peter Hudek


DATEN UND FAKTEN Matra M 530 LX, Baujahr 1970

MOTOR Flüssigkeitsgekühlter Viertakt-VMotor (60 Grad), Mitte längs, Bohrung x Hub 90 x 66,8 mm, Hubraum 1699 cm³, Leistung 75 PS bei 5100/min, max. Drehmoment 128 Nm bei 2500/min, Verdichtung 9 : 1, zwei Ventile je Brennraum, betätigt über eine zentrale stirnradgetriebene Nockenwelle, Stoßstangen und Kipphebel, Motorblock und Zylinderköpfe aus Grauguss, drei Kurbelwellenlager, eine Ausgleichswelle, ein Solex-Fallstromvergaser 32

TDID KRAFTÜBERTRAGUNG Viergang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb

KAROSSERIE UND FAHRWERK Coupé mit 2+2 Sitzplätzen und zwei herausnehmbaren Dachhälften, Plattformrahmen aus Stahlblech mit verschraubter Karosserie aus Kunststoff, vorn Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern, hinten mit Längslenkern, rundum Schraubenfedern, Stabilisatoren und Teleskopstoßdämpfer, Zahnstangenlenkung, vier Scheibenbremsen, Räder 4,5J x 14, Reifen 165 HR-14

MASSE UND GEWICHTE Radstand 2560 mm, Länge x Breite x Höhe 4200 x 1560 x 1200 mm, Gewicht 840 kg

FAHRLEISTUNGEN UND VERBRAUCH Vmax 175 km/h, Beschl. 0 bis 100 km/h in 12,5 s, Verbrauch 8–12 l/100 km

BAUZEIT UND STÜCKZAHL Gesamte Baureihe von 1967 bis 1973 mit 9609 Exemplaren

DATEN UND FAKTEN Simca 1200 S, Baujahr 1970

MOTOR Flüssigkeitsgekühlter ViertaktVierzylindermotor, hinten längs, Bohrung x Hub 74 x 70 mm, Hubraum 1204 cm³, Leistung 85 PS bei 6000/min, max. Drehmoment 103 Nm bei 4500/ min, Verdichtung 10,25 : 1, zwei Ventile je Brennraum, betätigt über eine seit- liche kettengetriebene Nockenwelle, Stoßstangen und Kipphebel, Motorblock aus Grauguss, Zylinderkopf aus Leicht- metall, fünf Kurbelwellenlager, zwei Solex-Horizontal-Doppelvergaser C35

KRAFTÜBERTRAGUNG Viergang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb

KAROSSERIE UND FAHRWERK Coupé mit 2+2 Sitzplätzen, selbsttragende Karosserie aus Stahlblech, Einzelradaufhängung vorn an Dreiecksquerlenkern, Querblattfedern und Stabilisator, hinten schräge Dreiecksquerlenker und Schraubenfedern, rundum Scheibenbremsen und Teleskopstoßdämpfer, Lenkung mit Schnecke und Rolle, Felgen 4,5 J x 13, Reifen 155 HR-13

MASSE UND GEWICHTE Radstand 2230 mm, Länge x Breite x Höhe 3997 x 1530 x 1270 mm, Gewicht 890 kg

FAHRLEISTUNGEN UND VERBRAUCH Vmax 182 km/h, Beschl. 0 bis 100 km/h in 11 s, Verbrauch 9–12 l/100 km

BAUZEIT UND STÜCKZAHL Simca 1200 S (80 und 85 PS) von 1967 bis 1971 mit 14 729 Exemplaren

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