Jeep Mahindra (CJ 340 / CL 340) – VERGESSENE OFFROADER

2019 Theo Gerstl & Drive-My

Der Mahindra CJ 340 sieht aus wie ein Oldie, ist aber allenfalls ein Youngtimer. Seine Karosserie erinnert stark an den Ur-Jeep von Willys, er stammt jedoch aus Indien und wird von Peugeot-Dieselmotoren angetrieben.


GELÄNDE-PURIST


Jeep Mahindra CJ 340

 

Jeep Mahindra CJ 340


Wer sich bei den historischen Jeep-Modellen nicht so genau auskennt, könnte den Mahindra CJ 340 tatsächlich für ein gut erhaltenes US-Relikt aus den späten 50er Jahren halten. Ein Blick auf den mit sechs Längsstreben versehenen Kühlergrill schürt aber Zweifel, prangt an seiner Oberkante doch das Markenemblem „Mahindra“. Die Folge: Wo immer der CJ340 auftaucht, zieht er die Aufmerksamkeit auf sich und entfacht Diskussionen über seine Herkunft und Entstehungsgeschichte – also begeben wir uns auf Spurensuche.

Die Geschichte der in der indischen Metropole Mumbai beheimateten Mahindra & Mahindra Ltd. nimmt ihren Anfang 1945. Bereits zwei Jahre nach seiner Gründung beginnt der Konzern mit dem Import von Jeep-Teilesätzen, um diese dann vor Ort zu kompletten Fahrzeugen zusammenzuschrauben. Ab 1954 schließlich wird in Kooperation mit Willys-Overland, Kaiser-Jeep und später AMC mit der Produktion eigener Jeep-Nachbauten begonnen. Zunächst landen diese nur auf dem heimischen Markt und beim Militär. Vier Jahre später schließt Mahindra dann noch einen Lizenzvertrag mit Peugeot zur Fertigung von Dieselmotoren.


Jeep Mahindra CJ 340

 

Urwüchsiger Charme: Das Armaturenbrett des Basic ist aus lackiertem Blech gefertigt und beherbergt fünf Rundinstrumente.


DER SPRUNG NACH EUROPA

Und erst die modernen Dieselmotoren aus französischer Entwicklung ermöglichen den Sprung auf den europäischen Markt. Im Jahr 1983 ist es schließlich so weit: Mahindra präsentiert den CJ 340 auf der Hannover-Messe erstmals in Deutschland – noch unter der Bezeichnung CJ 3B als Reminiszenz an den Genspender von Jeep. In den Folgejahren bauen die Inder sowohl in Griechenland als auch im sächsischen Werdau Montagewerke, in denen aus angelieferten Teilen Mahindras für die hiesigen Märkte montiert werden.

Nur der Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes für Deutschland will nie so richtig klappen. So erfolgt der Import ab dem Jahr 1988 durch freie Händler, die teils mit dem Status eines „Generalimporteurs“ ausgestat tet sind und die Zulassungshürden per Einzelabnahme meistern müssen. Neben der Version Classic im ursprünglichen Design findet so der CJ 340 auch als „Deluxe“ den Weg auf den deutschen Markt – mit „modernisierter“, abgeflachter Nase und Rechteckscheinwer fern.

Doch ist er in seinem Ursprung nur die Antwort auf die damaligen italienischen Zulassungsvorschriften, die unter anderem einen besonders großen Blickwinkel nach vorne fordern. Auch das Design des „Classic“ kann aber die Fraktion der JeepEnthusiasten nicht restlos überzeugen: Monieren sie doch Details wie die Kotflügel-Verbreiterungen aus Kunststoff, die auf den vorderen Radabdeckungen aufgesetzten Blinker und Standlichter oder auch das Armaturenbrett mit dem extra für Europa montierten Paket von stattlichen 15 Kontrollleuchten.

Der absolute Stilbruch sind letztendlich die weiß lackierten 15-Zoll-Stahlfelgen im Achtspeichen-Design. Doch es geht auch anders: Das beweist der Mahindra CJ 340 Basic, der dem Vorbild in Form des Jeep CJ 3B am nächsten kommt. Die Puristen-Version rollt auf klassischen Stahlfelgen im altehrwürdigen Format 4,5 x 15 Zoll mit Siebenzoll-Militärbereifung, wodurch auch auf die Plastik-Verbreiterungen verzichtet werden kann.

Selbst die Blinker sitzen nun da, wo sie hingehören, und sehen so aus, wie sie sollen: kleine, runde Lämpchen links und rechts am Kühler-Blech. Auch im Innenraum des Basic herrscht urwüchsiger Charme: Das Plastik-Armaturenbrett mit seiner Ansammlung von Kontrollleuchten ersetzt eine nostalgische Variante aus lackiertem Blech, in dem sich nur die gesetzlich vorgeschriebenen Anzeigen finden.

Mittig montiert sind die mit Chrom eingefassten fünf Rundinstrumente mit einem zentralen, großen Tacho. Unnötiger Ballast wie die Beifahrer-Sonnenblende, die Innenraumbeleuchtung oder auch der Aschenbecher wurde entsorgt. Die beiden seitlichen Klappsitze fehlen ebenfalls, was den Basic zum reinen Zweisitzer macht.


Jeep Mahindra CJ 340

 

Kraft am Berg: Mit seiner kurzen Untersetzung schafft der Mahindra jede Steigung.


TECHNISCHER ANACHRONISMUS

Sämtliche Versionen des Mahindra CJ 340 sind in ihrer Technik eine Zeitmaschine, die den Fahrer in die reine Geländewagen-Lehre der Ur-Jeeps zurückversetzt. Hat er nach akrobatischen Verrenkungen den engen Türausschnitt über den knapp 80 Zentimeter hohen Schweller erst einmal geentert, findet er Platz in erstaunlich komfortablen Sportsitzen, die auch bei härtesten Geländeritten optimalen Halt bieten.

Doch zunächst erfordert der Kaltstart des in Lizenz gefertigten PeugeotSaugdiesels ein gerüttelt Maß an Geduld: Die Glühkerzen wollen erst einmal ausgiebig vorgewärmt werden, ehe das motorische Urgestein vom Typ XDP 4.90 seine Arbeit mit der Geräuschkulisse eines mittleren Erbebens aufnimmt. Der 2,1-Liter-Vierzylinder gilt im Gegenzug als äußerst robuster Dauerläufer und hat sich als solcher in den Peugeot-Modellen 404 und 504 im nordafrikanischen Taxi-Einsatz hinlänglich bewiesen.

Im Mahindra CJ 340 zeigt er sich agil und dank der kurzen Übersetzung des Viergang-Schaltgetriebes reichen seine 64 PS auch für ein schaltfau- les Fahren aus. Doch die strenger werdenden Abgasvorschriften schicken den Motoren-Methusalem Mitte der 1990er Jahre aufs Altententeil. An seine Stelle rückt im CL 340 der Peugeot XUD9A – ein 1,9-LiterSaugdiesel mit Abgasrückführung und Diesel-Kat. Der Charakter des Mahindra bleibt von diesem Motorenwechsel aber unberührt:

Ab Tempo siebzig addieren sich das Brummen des 69-PS-Aggregats, das peitschende Verdeck, die flatternden Stofftüren und der dröhnende Antriebsstrang zu einer infernalischen Geräuschkulisse. Die nur von Masochisten erzielbare Höchstgeschwindigkeit ist im CL 340 um rund zehn Stundenkilometer auf Tempo 118 gestiegen und der Durchschnittsverbrauch um rund 1,5 Liter auf realistische elf Liter gesunken.


Jeep Mahindra CJ 340

 

Im Straßeneinsatz: Das Verdeck flattert, das Fahrwerk hoppelt und der Diesel lärmt.


IM GELÄNDE UNSCHLAGBAR

Nach dem Strippen des Planenverdecks, dem Ausbau der Türen und dem Umklappen der Windschutzscheibe erlaubt der CJ 340 Geländefahrten in ihrer reinsten Form. Mit seinen kompakten Abmessungen und der hohen Sitzposition direkt vor der Hinterachse ist er überaus wendig und beispiellos übersichtlich.

Die beiden an neun- (vorne) beziehungsweise zehnlagigen Blattfedern (hinten) geführten Starrachsen verhindern zwar jedweden Fahrkomfort, sind aber hart im Nehmen und garantieren eine konstante Bodenfreiheit von 22 Zentimetern. Kurze Überhänge sorgen für erstklassige Böschungswinkel und auch die Achsverschränkung fällt für ein Blattfeder-Fahrwerk erstaunlich gut aus. Für Extrembedingungen steht zusätzlich noch eine 75-ProzentSperre in der Hinterachse Gewehr bei Fuß, während der Unterboden durch eine massive Alu-Platte vor Grundberührungen geschützt ist.

Der Allradantrieb und die kurz ausgelegte Geländereduktion lassen sich über separate Schalthe bel aktivieren. Jetzt kriecht der CJ 340 im Bereich des maximalen Drehmoments mit rund fünf Stundenkilometern durchs Gelände und entwickelt genug Raddrehmoment, um sich durch zähen Schlamm zu kämpfen oder schwindelerregende Steigungen zu meistern.

SOLIDER GEBRAUCHTER

Im Geländeeinsatz zeigt der CJ 340 Qualitäten, von denen andere Geländewagen nur träumen können, im Straßenbetrieb erfordert er dagegen ausgeprägte Nehmerqualitäten von seinen Passagieren. Diese „ehrliche Art“, gepaart mit seinem nostalgischen Charme und dem enormen Fahrspaß, lassen den Mahindra CJ 340 aus der Masse der klassischen Geländewagen herausragen.

Dank seiner einfachen und soliden Technik haben bis heute viele Exemplare überlebt: Am häufigsten treten Standschäden wie defekte Haupt- und Radbremszylinder sowie festgeklebte Kupplungen auf, weiß Mahindra-Spezialist Frank Seidel (www.mahindra-indi.de) aus langjähriger Erfahrung. Die letzten Mahindra des Baumusters CJ 340 werden 2001 in Deutschland in den Verkehr gebracht.


DATEN  Mahindra CJ 340 / CL 340 Classic

Dank Starrachsen: Konstante Bodenfreiheit von 22 Zentimetern.

MOTOREN

2,1-Liter-Saugdiesel (Vorkammer), 4-Zylinder-
Reihe, vorn längs
Hubraum: 2.112 cm3
Leistung: 47 kW (64 PS) bei 4.500 U/min
max. Drehmoment: 122 Nm bei 2.000 U/min
1,9-Liter-Saugdiesel (Wirbelkammer),
4-Zylinder-Reihe, vorn längs, Abgasrückführung,
Diesel-Kat.
Hubraum: 1.905 cm3
Leistung: 50 kW (69 PS) bei 4.600 U/min
max. Drehmoment: 120 Nm bei 2.000 U/min

KRAFTÜBERTRAGUNG

Heckantrieb, Frontantrieb zuschaltbar, manuelles
Viergang-Schaltgetriebe mit Geländereduktion

FAHRZEUGAUFBAU

Leiterrahmen, aufgeschraubte offene Kombi-
Karosserie, 2 Stofftüren, einteilige, links
angeschlagene Hecktür, zwei bis vier Sitzplätze
FAHRWERK
blattgefederte Starrachsen
vorn und hinten

REIFENFORMAT

235/75 R 15 auf 7×15-Stahlfelgen

BREMSANLAGE

vorn: Trommelbremsen
(CL 340: Scheibenbremsen)
hinten: Trommelbremsen

ABMESSUNGEN / GEWICHTE*

L/B/H: 3.390 mm / 1.600 mm / 1.830 mm
Radstand: 2.032 mm
Leergewicht: 1.260 kg
zul. Gesamtgewicht: 1.800 kg
Laderaum L/B/H: 900 mm /
920 bis 1.250 mm / 1.150 mm
Anhängelast (gebr.): 1.800 kg
Bodenfreiheit min: 22 cm
Böschungswinkel v/h: 57° / 43°
Rampenwinkel: 28°
Achsverschränkung: 21,5 cm
Wattiefe: 50 cm
Wendekreis: 11m

FAHRLEISTUNGEN / VERBRAUCH

Vmax: 108 – 118 km/h
Verbrauch: ca. 11 bis 12,5 Liter/100 km

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