Reichweite, performance, connectivity – bislang waren musks monster das nonplusultra und vor allem die einzig lieferbaren imageträger unter den reinen e-fahrzeugen. Jaguar hat jetzt ein fahrzeug am markt, das dieses image ernsthaft gefährden kann. Arrive ist es gefahren.
ELEKTRISCH LEBEN MIT DEM JAGUAR I-Pace
2019 Jaguar I-Pace
Die Elektrokatze schnurrt. Leise, aber dennoch mit eindrucksvoller Erscheinung schleicht sie sich heran, beißt mit der doppelten Beißkrat eines Löwen zu und übernimmt damit innerhalb ihres Lebensraums die Rolle eines Prädators, der in seinem Ökosystem an der Spitze der Nahrungspyramide steht und außer dem Menschen keine natürlichen Feinde hat.
Der Vergleich der Automarke mit der namensgebenden Raubkatze wurde früher schon bemüht – doch jetzt ist was dran. Synonym ür den ultimativ-lieferbaren Faktor E, also Elon Musk, massig Energie und Meilen-Expertise war bislang der Tesla X, der teure, aber „leider geile“ E-SUV, wie nicht nur Fans des Marketing-Genies aus Südafrika inden und wie ich das auch lange sah. Vor wenigen Wochen lud mich Jaguar ein, im Umfeld des Formel E-Autorennens in Berlin, den neuen E-SUV I-Pace auf einem kleinen Rennkurs zu fahren und gleich der erste Eindruck war: Wenn der so weit kommt wie versprochen, muss Tesla sich warm anziehen. Absolut gleichmäßig und ohne Verzögerung schiebt der gut zwei Tonnen schwere Wagen an und läßt sich dabei lenken wie ein Leichtgewicht.
arrive-Mitherausgeber willy Loderhose fuhr den i-pace während des Fomel-eAutorennens ende mai in Berlin.
Ein reinrassiger Jaguar, denke ich, und weiß nicht, wieso ich ihn gerade jetzt mit dem 12-Zylinder-Boliden Jaguar E-Type aus den 60er Jahren vergleiche. Die Antwort, in Kurzfassung, ist: Der I-Pace ist ein ziemlich gutaussehendes Auto, das Herzklopfen auslöst, weil es eben nicht nur gut aussieht, sondern dazu irgendwie anders ist.
Dieses „Anders“ ist nicht leicht zu erklären, fragen Sie am besten die, die das Fahrzeug schon einmal live gesehen oder noch besser, gefahren haben. Und das beste ist, es ist lieferbar, das heisst konkret: Wenn Sie es jetzt bestellen, erhalten Sie es in etwa einem halben Jahr, denn die Nachfrage ist hoch.
Großer Spaß: Auf einem sogenannten smartcone-testparkour erwies sich der i-pace als überaus agil, wendig und spurtstark.
IN VIER jAHREN VOM ZEIcHENBRETT AUF DIE STRASSE
Fest steht, dass die beiden deutschen Jaguar-Lenker CEo Ralf Speth und Technical-Design-Chef Dr. Wolfgang Ziebarth zu einer Zeit, als die aktuelle Elektriizierung des Automobils noch nicht so klar war wie heute, innerhalb der J aguar- Landrover-Gruppe ein Start-Up der ganz kurzen Wege mit 150 Mitarbeitern auf die Beine stellten, das in nur vier Jahren ein E-Mobil von der Skizze in die Autohäuser bringen sollte.
Und zwar kein kleines Sparmobil ür Mini-Verbräuche und kurze Distanzen am unteren Ende des Leistungsspektrums, sondern ein emotionales Auto, das zu einer emotionalen Marke wie J aguar passte. Hier ging es allerdings nicht um die Elektriizierung eines vorhandenen SUV, sondern darum, wie ein optimales Elektro-Auto auszusehen hate – und das konnte zu diesem Zeitpunkt auch kein Sportwagen wie der F-Type sein, denn es war von vornherein klar, dass man das Auto mit zwei Elektromotoren über den Achsen, dazwischen die Baterien, ausstaten würde, um Gewicht und Drehmoment gleichmäßig verteilen zu können.
Dass diese Konstruktion den Innenraum extrem großzügig machte und zu ausgezeichnetem Handling ührte, waren gewünschte Nebenefekte. So ist der I-Pace visuell schnell als Jaguar identiiziert und es ging den Designern nicht darum, ein typisch elektrisch aussehendes Auto zu bauen.
Man ging einfach von den Gegebenheiten aus und zeichnete darum herum ein passendes Auto. Jedes einzelne Teil wurde vollkommen neu gezeichnet und konstruiert – dabei ging es primär nicht um futuristischen Look, sondern um die mechanischen Funktionen, die ein solches Fahrzeug heute braucht. Zwei Touchscreens als Bedienfelder, eines in, das andere über der Mitelkonsole, wirken nicht übermäßig gewöhnungsbedürtig, den großen TFT-Bildschirm ür alle Anzeigen hat man sich intuitiv ebenso schnell erschlossen. Technologisch ist der neue Jaguar ein Auto weit über dem Standard.
Infotainment, Konnektivität, Fahrassistenzsysteme und eiziente Technologien wurden ausgereizt – serienmäßig sind zum Beispiel Features wie • smart setings bei der Fahreridentiikation und der Einrichtung des Fahrerproils wie Sitzposition, Telefonliste und Medien-Präferenzen • e in 4G WiFi-Hotspot ür bis zu acht Geräte im Fahrzeug • und Navi-Services wie Echtzeit-Verkehrsinfos- und -Routenplanung und Parkservice • e inige Notfall-Assistenten inklusive Aufmerksamkeits-Lenküberwacher und viele andere, optional kann man dies um eine weitere große Palete ergänzen.
Ein Eco-Modus, der die Reichweite ständig optimiert, elektronisch geregelte Lutfederung, ein regeneratives Bremssystem, das Bremsenergie in den Akku zurückührt und eine Wärmepumpe, die die Wärme der umliegenden Lut zum Heizen umwandelt sowie die üblichen Sicherheits-Features bis hin zur Wankn eig ungskont rolle oder zum autonomen Notf allbremsa ssistent und der elektronischen Bremsk ratv erteilung sind selbstv ers tändlich. Ein Fußgänger-Airbag wird ausgelöst, wenn ein Sensor am Stoßänger erkennt, dass man gerade nicht mit einem Parkpoller kollidiert.
Im Stop and Go-Duell i-pace gegen tesla model X in mexico City gewann das britische Fahrzeug mit Jaguar-pilot mitch evans.
Damit erst gar kein Fußgänger in das bei unter 20 km/h lautlos dahinrollende Fahrzeug hineinläut, sorgt das externe Soundsystem ESS daür, andere Verkehrsteilnehmer mit einem akustischen Signal zu warnen. Jaguar plant übrigens keine Ladeinfrastruktur wie z.B. Teslas Supercharger-Netzwerk, sondern geht von ausreichender Infrastruktur aus und davon, das die meisten Jaguar-owner ihr Fahrzeug über Nacht zuhause auladen werden – daher wird man küntig mit einem großen Wallbox-Anbieter zusammenarbeiten.
Unterwegs ist die Reichweite bei Nutzung eines gewöhnlichen Ladegerätes von 50 kwH in einer Stunde um 270 Kilometer erhöht, bei Schnellladern mit 100 kwH reicht eine schnelle Tasse Kafee dann schon ür 100 Kilometer, ganz voll (von null) dauert da eine gute Stunde – alles Werte also, mit denen sich bequem leben läßt. Das alles macht den Jaguar I-Pace zu einem Auto, das die aktuell lieferbare Konkurrenz auhorchen läßt. Und so schade ich es inde: Nach diesem Fahrerlebnis werde ich die Frage nach meinem Traum-Elektroauto künftig anders beantworten. Die knapp 78.000 Euro sind natürlich alles anderes als ein Schnäppchen, aber im Vergleich mit jedweder Konkurrenz jeden Cent wert.
TECHNISCHE DATEN jaguar I-Pace
Motor 2 elektromotoren
Leistung 294 kW / 400 pS
max. Drehmoment 696 Nm
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
0–100 km/h 4,8 Sekunden
Reichweite bis zu 480 km
Verbrauch je 100 km/komb. 21,2 kWh
cO₂ Emissionen/komb. 0 g/km
Außenmaße / Länge x Breite x Höhe 4,682 x 2,011 x 1,565 m
Radstand 2.990 mm
Leergewicht / Hersteller 2.208 kg
Zulässiges Gesamtgewicht / Hersteller 2.670 kg
Preis ab 77.850 euro
„ Dieses Fahrzeug hat eindeutig den Sound der Zukunt.“
2 Fragen An Jürgen Vogel
Er spielt gebrochene Typen und kassierte daür ungezählte Filmpreise: zwei Fragen an den Schauspieler Jürgen Vogel, der als Jaguar-Markenbotschater bei der arrive-Testfahrt des I-Pace an der Rennstrecke dabei war.
arrive: Macht es Dir eigentlich etwas aus, dass Elektroautos einen ganz anderen Klang haben? Jürgen Vogel: Ich hab mich daran gewöhnt. Ich inde, das hat eine neue Ästhetik. Für mich ist die Elektromobilität auch eine neue Form von Sounddesign. Ich mag es ganz gerne, dass das eben auch leise ist. Deswegen schau ich mir auch gerne so ein Formel-E-Rennen an. Es ist der Sound der Zukunt, daran werden wir uns gewöhnen.
arrive: Hand aufs Herz – ährst Du schon elektrisch? Jürgen Vogel: : Nein, nicht mal einen Range Rover Hybrid oder so. Ich hofe, einer der ersten zu sein, der jetzt den I-Pace bekommt.