Aston Martin Vantage V8 test Start your Engine Im Aston Martin Vantage V8 stammt das Triebwerk von Mercedes-AMG – der Vierliter-V8-Biturbo aus dem GT mit 510 PS und 685 Nm Drehmoment. Auch sonst ist praktisch alles neu an der kleinen Baureihe.
2019 Aston Martin Vantage V8 Zweite Generation des feinen Briten-Sportlers mit V8-Biturbomotor im Test
CAR-GUIDE
KOSTEN: Grundpreis ab 154 000 Euro, hohe Unterhaltskosten
VERKAUFSSTART: Produktion und Auslieferung bereits angelaufen
SEGMENT: Sportwagen mit Hinterradantrieb und Turbo-Power
KONKURRENTEN: Mercedes-AMG GT S, Porsche 911 Carrera GTS 991.2
Lassen Sie uns den Aston Martin Vantage von hinten aufzäumen, weil hier das Wichtigste am Schluss kommt. Also hinten – dort, wo Vortrieb auf Straße trifft. Obwohl der Motor unter der Vorderhaube sitzt, befindet sich das Kraftzentrum des Aston eindeutig hinten. Der Dreh- und Angelpunkt, der Kern der schnellen Fortbewegung.
Schnelle Fortbewegung. In ihr steckt nicht der Tempo-Stachel. Auch nicht der Reiz, eine Sektion in minimaler Zeit zu bewältigen oder eine Kurve mit maximaler Querbeschleunigung. Nein, im Vantage fehlt dem Schnellfahren das Getriebene. Das hat etwas Entspannendes.
500 und mehr PS können ja durchaus Anspannung erzeugen. Wenn sie den Fahrer aufputschen, zum Gasgeben auffordern, immer mehr – nur um ihn anschließend vorzuführen oder gar zu demütigen. Letzteres kann passieren, wenn die Maschine im Menschen zwar Enthusiasmus entfacht, aber keinen direkten Draht aufbaut, der selbst Extremsituationen absolut reißfest übersteht.
Vantage und Fahrer verbindet dieser Draht; er spannt sich auf dem denkbar kürzesten Weg von den Hinterrädern zum tief liegenden und weit zurückversetzten Sportsitz. Man hockt sozusagen direkt auf dem Spürpunkt – jener Stelle, in der die Kräfte zusammenfließen.
Es gibt Modelle, die kommunizieren vorwiegend über die Vorderachse, also die Lenkung. Astons neuer Zweisitzer ist auch an dieser Stelle eloquent, aber erst seine Hinterachse gibt den Informationen eine dreidimensionale Tiefe, argumentiert so nachdrücklich, wie es der Vorgänger- Vantage nie konnte. Der war ja eher ein Auto zum Hinlangen. Nun fährt der Neue mit einer flüssigen Selbstverständlichkeit, die zwischen alles überlagernder Plackerei und nichtssagender Leichtigkeit liegt.
Die Zeit war überreif Vom Vorgänger ließ sich wenig übernehmen, denn über zwölf lange Jahre haben sie an der kleinen Baureihe herumgedoktert. Die Zeit war überreif für etwas anderes. Und das ganz andere kommt vom großen Bruder, dem zwei-plus-zwei-sitzigen GT.
Auch wenn äußerlich wenig darauf hindeutet: Vantage und DB11 teilen sich die Chassis-Struktur aus Aluminium, wobei nur ein Drittel identisch sein soll. Beim Rest wurde kräftig gekürzt und auch ein wenig erleichtert – um 83 Kilogramm. Schwer ist der Neue dennoch, bringt vollgetankt 1720 Kilogramm auf die Waage. Zum Vergleich: Ein Mercedes- AMG GT S kommt auf 1629 Kilogramm. Eine andere deutsche Sportwagen- Ikone diente den englischen Konstrukteuren als Archetyp: der Elfer.
Natürlich nicht für das Antriebs- Layout, denn im Heck steckt nicht der Motor, sondern nur das Automatikgetriebe. Vielmehr war der Porsche die Blaupause für die Ergonomie. Man setzt sich hinein und fühlt sich gut aufgehoben.
Was sich so lapidar liest, beschreibt den Quellcode eines Sportwagens. Denn mehr als die Motorkraft zählt das Gefühl, vom ersten Moment an dazuzugehören. Das ist beim Vantage so, auch wenn sich hier die tiefe Sitzposition und die knappen Fensterflächen zu einer bemerkenswert schlechten Übersichtlichkeit addieren. Naturgemäß stört so etwas vor allem in der Stadt und paart sich hier ungünstig mit der enormen Karosseriebreite.
Auf der Landstraße dagegen schmiegt sich der Zweisitzer enger an seinen Fahrer, umschließt ihn, ohne einzuengen. Das liegt zum ei nen an der perfekten Ausrichtung des Fahrers zum Lenkrad und zu den Pedalen. Die Ingenieure haben dem Versuch widerstanden, die Lenkübersetzung zu direkt auszulegen, was derzeit en vogue zu sein scheint, um ausufernde Karosserien subjektiv kleiner zu machen – und leider häufig in Lenkungs-ADHS endet.
Dem Vantage geht jede Form der Hibbeligkeit ab, er reagiert nicht überaktiv auf geringste Impulse. Dies ist auch insofern angenehm, als er auf einer unlimitierten Autobahn über Tempo 300 erreichen kann, hier störfrei geradeaus läuft und keine schwitzigen Hände hinterlässt. Zumindest wenn die Piste plan ist. Bei Bodenwellen dagegen kommt Unruhe ins Chassis, denn sie werden nicht sauber ausgefedert.
Das Setting passt eher auf die Landstraße. Dort reagiert der Vantage auf sauberes Einlenken mit einem ebenso sauberen Strich. Ohne Korrektur. Auch bei den Fahrdynamik-Tests ist er ein angenehmer Partner – die Hinterachse schnürt spurstabil durch den Pylonen-Parcours, das E-Diff verteilt das Drehmoment routiniert, das Maximaltempo erreicht man fast auf Anhieb, ohne sich an den Grenzbereich herantasten zu müssen.
Andererseits ist damit klar, dass der Neue nicht zur Attacke bläst, nicht den Animateur heraushängen lässt. Wie er ohnehin sein Leistungs- potenzial eher beiläufig präsentiert: Was zunächst wie locker aus dem Ärmel geschütteltes Dahinschnüren wirkt, ist tatsächlich bereits Carven mit hohem Tempo, unterstützt vom unerschöpflichen Drehmoment des Achtzylinder-Biturbos von AMG.
Für den Aston Martin lässt sich kaum ein besserer Antriebspartner vorstellen, zumal Mercedes neben dem motorseitigen auch noch das digitale Infotainment liefert. Das Comand-System entspricht zwar nicht dem jüngsten Stand der Technik, doch selbst diese eigentlich veraltete Version schlägt das im Vorgänger verbaute Gerät in allen Belangen.
Die Lässigkeit des V8 Dagegen entspricht der Vierliter-V8 bis auf minimale Änderungen dem Stand, wie ihn AMG auch in den GT S einbaut, leistet 510 PS und bürdet der Kardanwelle zum ZF-Achtgangautomaten an der Hinterachse bis zu 685 Nm auf. Auf den Punkt gebracht: Er kann alles besser als der ehemalige 4,7-Liter-V8-Saugmotor von Aston Martin.
Vor allem die effiziente Lässigkeit des Achtzylinders beeindruckt. Er schiebt den Vantage allmächtig voran, benötigt dafür nur mittlere Drehzahlen. Natürlich hat das Triebwerk auch Drehzahl-Biss – allein man muss es nur selten zuschnappen lassen. So mündet die prinzipielle Gelassenheit des Aston in einem Benzinverbrauch von 12,3 Litern auf 100 Kilometer – akzeptabel vor dem Hintergrund, dass es reichlich Energie bedarf, um reichlich Masse vorwärtszubewegen.
Um das Triebwerk nicht zu teutonisch klingen zu lassen, haben die Aston-Techniker die AMG-typischen Hubraum-Bässe stark gedämpft und die aggressiven oberen Sportmotor- Mitten angehoben. Mit dem bisherigen Aston-Sound hat das zwar wenig gemeinsam, doch unter Last klingt der V8 nicht nur äußerst potent, sondern geradezu böse.
Mag sein, dass manchen Kunden auf Dauer sogar zu viele Dezibel auf die Ohren drücken, vor allem auf längeren Strecken. Und dass einige gerade dort einen Fahrwerksmodus namens Komfort vermissen werden – das sanfteste Setting heißt nicht zu Unrecht Sport. Und weil der straffe Vantage auf schlechten Pisten viel von der tektonischen Unruhe durchgibt, regt das manche Teile im Armaturenbrett zum leisen Zirpen an.
Doch obwohl da noch Raum für Verbesserungen bleibt, ist der neue Vantage seinem Vorgänger in praktisch allen Belangen überlegen. Und dem Heldenstatus in der Sportwagenwelt deutlich nähergekommen.
Der Drehzahlmesser dominiert das Cockpit, dabei wäre ein Drehmomentmesser aussagekräftiger: Den Vantage schiebt die Macht der Newtonmeter Vorwärts.
Am coolsten parkt so ein Vantage in einem coolen leer stehenden Fabrikgebäude. Haben Sie nicht? Schade …
Für den Innenraum wird es wohl keinen Design-Preis geben. Immerhin sind die vielen Knöpfe und Taster einfach zu bedienen. Den Achtzylinder von AMG haben sie hinter die Vorderachse gerückt. Nicht um ihn zu verstecken, sondern wegen der Chassis-Balance.
Gut, dass hier der Putz schon ab war … Der V8-Schall wütet
▶ Zweisitziges Coupé mit zwei Türen
▶ 510 PS (375 kW)
▶ 0–100 km/h 4,1 s
▶ Höchstgeschwindigkeit 314 km/h
▶ Verbrauch 12,3 l/100 km
▶ 154 000 Euro
ANTRIEB
Motor Achtzylinder-V-Motor (Benzin-Direkteinspritzung), vorn längs, mit Abgasturbolader und Ladeluftkühler, fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei obenliegende Nockenwellen pro Zylinderreihe (Kettenantrieb), vier Ventile pro Zylinder, über Rollenschlepphebel mit hydraulischem Spielausgleich betätigt.
Leistung 375 kW (510 PS) bei 6000/min
Hubraum 3982 cm3
Bohrung x Hub 83,0 x 92,0 mm spez. Leistung 94,2 kW/l (128,1 PS/l)
Verdichtungsverhältnis 10,5 : 1 maximaler Ladedruck 1,2 bar max.
Drehmoment 685 Nm bei 2000/min mittl. Kolbengeschw. bei Nenndr. 18,4 m/s
Ölinhalt Motor 12,0 l
Kühlsysteminhalt 14,0 l
Kraftübertragung
Hinterradantrieb,
Achtgang-Automatikgetriebe.
Übersetzungen: I. 4,71, II. 3,14, III. 2,11, IV.
1,67, V. 1,29, VI. 1,00, VII. 0,84, VIII. 1,29,
- 3,32. Achsantrieb 2,93 : 1.
Fahrwerk
Einzelradaufhängung vorn und hinten, vorn
mit Doppelquerlenkern, Schraubenfedern,
Stoßdämpfern, hinten mit Querlenkern,
Längslenkern, Schraubenfedern, Stoßdämpfern,
Stabilisator vorn und hinten, Zahnstangenlenkung
mit elektromechanischer Servounterstützung,
Lenkübersetzung 13,0 : 1,
drei Lenkradumdrehungen, innenbelüftete
Scheibenbremsen vorn (400 mm) und hinten
(360 mm), Rädergröße vorn 9 J x 20,
hinten 11 J x 20, Reifengröße vorn 255/40
R 20 Y, hinten 295/35 R 20 Y, Pirelli P Zero.
KOSTEN
Unterhaltskosten
Steuer 380,–
Ausstattung/Preise
Grundpreis 154 000,–
Testwagenpreis 216 768,–
Dank AMG-V8-Power ist der Vantage endlich ein ernst zu nehmender Sportwagen – nicht mehr nur ein
lärmendes Design-Objekt. Aber er ist schwer und hat Schwächen bei der Abstimmung der Federung.
Karosserie
+ ergonomische Sitzposition gute Materialqualität hohe Chassis-Steifigkeit einfache Bedienung …
– … aber nicht ganz zeitgemäßes
Infotainment-System
nachlässige Verarbeitung
im Detail
laute Windgeräusche
schlechte Übersichtlichkeit
hohes Fahrzeuggewicht
Fahrkomfort
+ bequeme Sportsitze
Abgasanlage mit effektivem
Klappensystem
– pumpendes Heck auf
langen Bodenwellen
Antrieb
+ direktes Ansprechverhalten breites Drehmomentplateau
williges Drehvermögen
– teilweise Schaltrucke Fahreigenschaften
+ stabiler Geradeauslauf hohe Neutralität
präzise Lenkung
einfache Fahrbarkeit – Katapult-Anregungen durch
Bodenwellen
Sicherheit
+ vermittelt enormes
Grundvertrauen – lückenhaftes Angebot an
Assistenzsystemen
Umwelt
+ voraussichtlich langes Autoleben und damit nachhaltig akzeptabler Durchschnittsverbrauch
– Emissionseinstufung nur nach Euro 6b
Kosten
– sehr hoher Kaufpreis keine Typklasseneinstufung teure Optionen
Fahrleistungen s Beschleunigung
0 – 40 km/h 1,3
0 – 80 km/h 3,0
0 – 100 km/h 4,1
0 – 130 km/h 6,0
0 – 160 km/h 8,5
0 – 180 km/h 10,5
0 – 200 km/h 13,0
0 – 220 km/h 16,0
0 – 240 km/h 20,4
400 m 12,0 (192 km/h)
Höchstgeschwindigkeit 314 km/h
Zwischenbeschleunigung
60 – 100 km/h 2,1
80 – 120 km/h 2,4
Innengeräusch dB(A)
Fahrstufe D
bei 80 km/h 72
bei 100 km/h 73
bei 130 km/h 76
bei 160 km/h 79
bei 180 km/h 80
Standgeräusch 56
Maximalgeräusch bei Kick-down 92
Tachometerabweichung km/h
80/100 78/98
130/160 127/157
Bremsweg m
aus 100 km/h 33,0
aus 130 km/h kalt 54,3
aus 130 km/h warm 56,5
Hochgeschw.-Bremstest (190 km/h) 117
Fahrversuche km/h
Slalom 18 m
mit TC/ESP 66,1
ohne TC/ESP 68,1
doppelter Spurwechsel
mit TC/ESP 142,4
ohne TC/ESP 145,6
ABMESSUNGEN UND GEWICHTE
1 Knickmaß 985–1185 mm
2 Innenhöhe 960 mm
3 Innenbreite 1505 mm
4 Sitztiefe vorn 540 mm
Lenkraddurchmesser 365 mm
Spurweite vorn/hinten k. A.
Wendekreis rechts/links 12,0/12,1 m
Leergewicht 1720 kg
zulässiges Gesamtgewicht 2150 kg
Zuladung 430 kg
Gewichtsverteilung vorn/hinten 48,9/51,1 %
Kofferraumvolumen 350 l
Tankinhalt
VERBRAUCHSMESSUNG (IN L/100 KM)
Testverbrauch Zusammensetzung:
15 % Eco
15 % Sportfahrer
70 % Pendler
NEFZ-Verbrauch
Stadt/über Land 14,4/8,2 l/100 km gesamt 10,5 l/100 km
Emissionswerte
Abgasnorm Euro 6b
CO (Grenzwert) k. A. (1,000) g/km
HC (Grenzwert) k. A. (0,100) g/km
NOX (Grenzwert) k. A. (0,60) g/km
CO2 245 g/km
Testverbrauch SP 12,3 l/100 km
CO2-Ausstoß im Test 286 g/km
Reichweite 593 km
Pendler
Typische Fahrt vom
Wohnort zur Arbeit
(ø 21 km)
Sportfahrer
Sportliche Fahrweise
mit häufig hohen
Geschwindigkeiten
Eco
Besonders sparsam
gefahrene Runde
(275 km)